Ludwig Thoma ist bekannt für seine satirische Ader, mit der er das Leben, die Gesellschaft, die Politik und Menschen mit Worten skizziert hat. Auch sein Weihnachtsgedicht ist nicht frei von sozialkritischen Tönen.
Heilige Nacht
So ward der Herr Jesus geboren
im Stall bei der kalten Nacht.
Die Armen, die haben gefroren,
den Reichen war’s warm gemacht.Sein Vater ist Schreiner gewesen,
die Mutter war eine Magd.
Sie haben kein Geld nicht besessen,
sie haben sich wohl geplagt.Kein Wirt hat ins Haus sie genommen,
sie waren von Herzen froh,
dass sie noch ins Stall sind gekommen.
Sie legten das Kind auf Stroh.Die Engel, die haben gesungen,
dass wohl ein Wunder geschehn.
Da kamen die Hirten gesprungen
Und haben es angesehn.Die Hirten, die will es erbarmen,
wie elend das Kindlein sei.
Es ist eine G’schicht’ für die Armen,
kein Reicher war nicht dabei.
Ludwig Thoma, Schriftsteller (1839 – 1924)